Übergang Jg. 4-5
Für Kinder und meist auch Eltern ist der Übergang zwischen der Grundschule und der weiterführenden Schule ein bedeutsamer bewusster Schritt. Die Grundschule in der örtlichen Nähe ist die selten wählbare, oft vorgegebene Schule. Die Wahl der weiterführende Schule ist stark beeinflusst durch die Zeugnisnoten in den Hauptfächern, der Empfehlung der KlassenlehrerIn/Schule und dem Elternwillen. Neben den Hauptgewichten für die Entscheidung spielen weitere begleitende Parameter eine Rolle: Peergroup des Kindes/Eltern, soziales Milieu, Sprachkenntnisse, usw.
Studien belegen die Annahme, dass der Zeitpunkt für die Schulwahl im dreigliedrigen Schulsystem zu früh erfolgt und dass die angelegten Kriterien nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Leistungsvermögen des Kindes übereinstimmen.
Gemäß dem Motto, „keine Entscheidung fürs ganze Leben“, bieten Gesamtschulen (IGS, KGS, Oberschule) alle Schulabschlüsse an. Faktisch orientieren sich viele leistungsstärkere Kinder in Richtung Gymnasium. Im bundesdeutschen Schnitt sind dies knapp 50%, in den Städten vermutlich etwas mehr (Hannover (2019): 52%).
Durch die Gabelung der Schülerströme ergeben sich gewisse Ungleichheiten im Leistungsvermögen der SchülerInnen. So besucht die Schülergruppe mit den schwächsten Leseleistung mehrheitlich nicht das Gymnasium.
„Verglichen mit anderen Staaten, deren Mittelwerte im Kompetenzbereich Lesen über dem durchschnittlichen Wert der OECD liegen, findet sich in Deutschland jedoch ein verhältnismäßig hoher Anteil an Schülerinnen und Schülern auf den untersten Kompetenzstufen (21 %).“ Zitat (29.12.2020 aus https://www.lesen-in-deutschland.de/html/content.php?object=journal&lid=1671&start=0&display=5). Berücksichtigt man die Selektierung nach Jg. 4, dann dürfte der Anteil der leseschwächsten SuS in der Schulform Nicht-Gymnasien erheblich größer sein.
Für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dürfte die Lesekompetenz eine herausragende Rolle spielen. Dass Schule, unabhängig vom Bildungsziel, hier der Ort sein sollte, wo Lesen trainiert wird, dürfte unstrittig sein. Während in der Grundschule Lesen als Technik stärker im Fokus steht, wird die Lesefähigkeit in den weiterführenden Schulen eher vorausgesetzt. Zu hinterfragen ist diese Haltung mit Blick auf die Ergebnisse zur Lesekompetenz.
Strukturell erschwerend ist die oft unzureichende Gestaltung des Übergangs von GS nach Sek.1. Obwohl vom Schulgesetzt gefordert, gibt es selten gute und umfängliche Weitergaben an wichtigen Informationen bzgl. der SuS. Dies betrifft individuelle als auch schulische Aspekte. Der Lehrereinsatz in der IGS beeinträchtigt die Ausbildung von ExpertenInnenwissen in Bezug auf Diagnose und Förderung von Lesekompetenz. Wer nur alle 6 Jahre den Übergang seiner SuS von der GS in die IGS begleitet, wird kaum geneigt sein, in diesem Feld als Experte zu gelten. Für die FachlehrerInnen kommt man zum gleichen Urteil.
Fazit: Mit einem schlecht gestalteten Übergang von der GS zur Sek.1 fehlt den Lehrkräften der Blick auf individuelle Stärken und Schwächen der SuS, der bestenfalls durch eine gute Diagnose in Jg.5 aufgefangen werden kann. Zwischen den Schulen entstehen keine festen Netzwerke, die sich institutionell der stets wiederkehrenden Fragen annehmen. Am Beispiel der Lesekompetenz kann man die Bedeutung eines unzureichend gestalteten zentralen Aspektes von Schülerleistung gut sichtbar machen. Wenngleich der wie auch immer gestaltete Übergang sicherlich nicht für die Lesekompentenz der Kinder alleine verantwortlich sein kann. Eine gut konstruierte Übergabe zwischen den Schulformen kann das Bildungsangebot für die Kinder verbessern.
Hinweise:
Zitat, KMK, 2015, Empfehlungen zur Arbeit in der GS:
4.2 Von der Grundschule in die weiterführende Schule Grundschulen und weiterführende Schulen kooperieren auf der Grundlage eines gemeinsam verantworteten verbindlichen Kooperations- und Übergabekonzepts, das einen angemessenen Zeitraum vor und nach dem Übertritt umfasst. In regelmäßigen Arbeitskreisen, gemeinsamen Konferenzen, Fortbildungen sowie gegenseitigen Hospitationen tauschen sich die Lehrkräfte der verschiedenen Schularten über fachlich-inhaltliche Themen, didaktisch-methodischeVorgehensweisen und Bildungsstandards aus. Über diesen Austausch hinaus gestalten Grundschule und weiterführende Schulen die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern in gemeinsamer Verantwortung. Formen der Kooperation wie gemeinsame Elterninformationsveranstaltungen, schulartübergreifende Vorhaben und Projekte, Lotsensysteme oder Patenschaften werden in regelmäßigen Austausch- und Reflexionstreffen evaluiert und qualitätsvoll weiterentwickelt.
Niedersachsen
NRW, Angebote zum Übergang (IFS)
http://www.schulen-im-team.de/produkte-netzwerken
Anregungen, Ringvorlesung Osnabrück
kommunales Übergangsmanagement
https://www.waxmann.com/?eID=texte&pdf=3770Volltext.pdf&typ=zusatztext
VBE, konkrete Handlungsempfehlungen
Sinus
http://www.sinus-an-grundschulen.de/fileadmin/uploads/Material_aus_SGS/Handreichung_OpHar.pdf
Bildungsforschung Band 34
Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule
Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle
Disparitäten
https://www.bildungsserver.de/fisonline.html?FIS_Nummer=918050